CE-Kennzeichnung nach geltenden Richtlinien

Münchnerjunge

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Hallo Leute,

rein aus Interesse - ein bekannter, kleinerer Maschinenbauer möchte eine Fachkraft einstellen, die oben genannte Aufgabe durchführt. Bei den Maschinen handelt es sich um Roboterzellen und komplette Produktionsanlagen. Die Anforderung, die sie an Bewerber stellen, sind hierbei lediglich eine Elektrofachkraft mit entsprechender Erfahrung und der Bereitschaft sich durch Selbststudium die entsprechenden Kenntnisse anzueignen.

Mir erscheint das doch etwas vage. Ich würde sowas als Maschinenbauer ohnehin bei dieser Betriebsgröße extern vergeben, aber sofern sie wirklich eine Person finden, die das auf sich nimmt, sind doch sicher entsprechende Schulungen und Zertifikate notwendig, oder täusche ich mich?

Wie handhabt ihr das bei euch?

Und nun der Grund warum mich persönlich das interessiert: wenn ich als Programmierer nun diese Anlagen in Betrieb nehme, könnte das im schlimmsten Fall bei nicht fachgerechter Auslegung und Prüfung Folgen für mich haben, sofern ich als externer Dienstleister agiere?
 
Zuletzt bearbeitet:
Hallo Junge.

Ich bin selbst Programmier und Dienstleister und weiß genau was du meinst.
1. Eine Sicherheitsfachkraft muss Erfahrung vorweisen können. Selbststudium ist an sich ja ständig nötig, aber von Null anfangen und allein durchkämpfen... sehr fragwürdig. Seminare und Hilfe von Erfahrenen sollte da schon da drin sein.
2. Wenn wir Programmierer etwas umsetzen ohne zu wissen was wir da eigentlich tun ist das schonmal ganz schlecht. Man kann die Verantwortung zwar auf den Maschinenbauer abwälzen, aber wenn was passiert stehst du trotzdem vor Gericht. Du hättest nähmlich Software-Spezifikationen einholen müssen. Wenigstens die Aufstellung der Sicherheitsfunktionen oder Abschaltmatrix, die Angabe der notwendigen Diagnosen und die erforderlichen Reaktionszeiten brauchst du um überhaupt was sinnvolles machen zu können.
Also ja, es wird folgen für dich haben, da du dich dann rechtfertigen musst.

Auch bei unseren Kunden (Sondermaschinenbauer) fehlen diese Vorgaben meistens. Wir fordern das jetzt immer mit ein. Wenn der Maschinenbauer nicht weiß was gemeint ist, dann unterstützen wir dabei oder verweisen auf Profis oder lehnen das Projekt schlimmstenfalls ab.
Zusätzlich teilen wir unseren Kunden offensichtliche Sicherheitslücken schriftlich mit und bestehen auf Korrektur.

Man sollte auch bedenken, dass es für jeden Teilbereich der Sicherheit extra Fachleute brauch. Daher greifen die meisten auf Externe zurück (z.b. Kuka-Safe-Inbetriebnahme).

Mal ne Frage:
Wenn die keinen Sicherheitsbeauftragten haben, wer gibt dann die PerformenceLevel für die E-Konstruktion und Software vor? Wer bestimmt die Nachlaufzeit eines Roboters und wie Schutzzaun, Türschalter,Lichtgitter usw. ausgelegt sein müssen?
 
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Hallo,

deine Aufgabenbeschreibung (und noch ein bisschen mehr) beschreibt genau meine Tätigkeit bei uns in der Firma.
Naja, irgendwann muss sich jeder das erste Mal mit dem Thema beschäftigen. ich habe es zumindest nicht von Kindesbeinen an gelernt. und da CE und Sicherheitstechnik nach und nach immer wichtiger oder besser gesagt, die Firmen mehr Augenmerk darauf legen (was ja auch endlich Zeit wurde), entstehen jetzt halt auch immer mehr solche Stellen. WEnn eine Firma sich darüber Gedanken macht und solche Stellen schafft, ist das schon einmal ein guter Anfang finde ich. Allein mit Selbststudium wird das aber nicht so einfach machbar sein. Es gibt schon einige Lehrgänge die da helfen können.( ist ja auch im Sinne der Firma, denn so geht es ja auch schneller und ca 2000€ sollte man auch mal für so einen Lehrgang investieren, sehe zumindest ich so). Da gibt es einige, z.B. CE-Beauftragter, Zertifizierter Maschinensicherheitsexperte (beide mit Zertifikaten vom TÜV)usw.
Eine gewisse Verantwortung übernimmt man damit natürlich auch, aber das ist wie in jedem anderem Beruf auch. Man muss seine Arbeit halt nach bestem Wissen und Gewissen erledigen und wenn man merkt, das in manchen Gebieten noch nachholbedarf ist, dann muss man das seinem Vorgesetzten eben melden. Weiter sehe ich dann eigentlich kein Problem, natürlich ist der Aufgabenbereich mit großer Verantwortung behaftet, aber wenn man sich das nicht zu traut, dann darf man es eben nicht machen.
 
Hallo Junge.

Wenn wir Programmierer etwas umsetzen ohne zu wissen was wir da eigentlich tun ist das schonmal ganz schlecht. Man kann die Verantwortung zwar auf den Maschinenbauer abwälzen, aber wenn was passiert stehst du trotzdem vor Gericht. Du hättest nähmlich Software-Spezifikationen einholen müssen. Wenigstens die Aufstellung der Sicherheitsfunktionen oder Abschaltmatrix, die Angabe der notwendigen Diagnosen und die erforderlichen Reaktionszeiten brauchst du um überhaupt was sinnvolles machen zu können.
Also ja, es wird folgen für dich haben, da du dich dann rechtfertigen musst.

Auch bei unseren Kunden (Sondermaschinenbauer) fehlen diese Vorgaben meistens. Wir fordern das jetzt immer mit ein. Wenn der Maschinenbauer nicht weiß was gemeint ist, dann unterstützen wir dabei oder verweisen auf Profis oder lehnen das Projekt schlimmstenfalls ab.
Zusätzlich teilen wir unseren Kunden offensichtliche Sicherheitslücken schriftlich mit und bestehen auf Korrektur.

Man sollte auch bedenken, dass es für jeden Teilbereich der Sicherheit extra Fachleute brauch. Daher greifen die meisten auf Externe zurück (z.b. Kuka-Safe-Inbetriebnahme).

Mal ne Frage:
Wenn die keinen Sicherheitsbeauftragten haben, wer gibt dann die PerformenceLevel für die E-Konstruktion und Software vor? Wer bestimmt die Nachlaufzeit eines Roboters und wie Schutzzaun, Türschalter,Lichtgitter usw. ausgelegt sein müssen?


Da das indirekt auch mit meinem Thema bzw. meiner Frage zu tun hat:
Meine Verantwortung als Programmierer?!
erlaube ich mir mal hier die Frage zu stellen:

was genau habe ich denn als Programmierer einzufodern? Inwiefern hat das Auswirkungen auf meine Programmierarbeiten? Wenn vereinbart wird eine F-CPU einzusetzen und das Betreten der Anlage bzw. Betätigen des Not-Aus die ganze Anlage stoppt (schutzumhausung mit Lichtschranken) warum brauch ich dann PerformanceLevel bzw Reaktionszeite? Ich stoppe die komplette Anlage sofort, das ist alles.

Allerdings setze ich keine Roboterzellen ein, da weiche ich von dem Fragensteller mit meiner Frage ab (hoffe ist trotzdem erlaubt)...
 
Da das indirekt auch mit meinem Thema bzw. meiner Frage zu tun hat:

was genau habe ich denn als Programmierer einzufodern? Inwiefern hat das Auswirkungen auf meine Programmierarbeiten? Wenn vereinbart wird eine F-CPU einzusetzen und das Betreten der Anlage bzw. Betätigen des Not-Aus die ganze Anlage stoppt (schutzumhausung mit Lichtschranken) warum brauch ich dann PerformanceLevel bzw Reaktionszeite? Ich stoppe die komplette Anlage sofort, das ist alles.

Allerdings setze ich keine Roboterzellen ein, da weiche ich von dem Fragensteller mit meiner Frage ab (hoffe ist trotzdem erlaubt)...

Theoretisch muss dir der Sicherheitsbeauftragte eine Softwarespezifikation geben. Die kann man aus der Sistema-Berechnung und Risikobeurteilung ableiten. Manche geben auch Abschaltmatrizen raus. Den PL braucht du nicht unbedingt, daraus könntest du allerdings schonmal schlussfolgern, ob dir vielleicht Infos fehlen. Prinzipiell solltest du als Programmierer ja zu jeder einzelnen Einstellung, die du im F-Programm machen kannst, eine Begründung haben, warum du die Einstellung so vorgenommen hast.

Hier ein paar Beispiele, die mir spontan einfallen:

Welche Sicherheitsfunktionen:
- Not-Halt oder Not-Aus?
- Verzögerter Not-Halt nötig? Wenn ja welche Verzögerungszeit für den jeweiligen Antrieb?
- STO, SS1, SLS oder ähnliches?
- Zustimmtaster für Tür-Brückung?
- Lichtgitter mit Muting? Welche Mutingsequenz? Wie wird das LG quittiert. Ist ein Einschließen von Personen vernünftiger Weise vorhersehbar?

In welcher Zeit muss du die Anlage stoppen? Schafft deine F-CPU diese Reaktionszeit:
- Aufrufzyklus des OB35 50ms, 100ms oder mehr/weniger einstellen? -> Siemens Cotia-Tabelle ausfüllen
- Bearbeitungsgeschwindigkeit des F-Programm ok?
- Verzögerungen von Safety-Peripherie ausreichend gering?
-> Seite 9 von https://www.siemens.de/Digital-Fact...pplikationen_im_TIA_Portal_einfach_gelöst.pdf

Welche Sicherheitskategorie und welcher Diagnosedeckungsgrad:
- Zweikanalige Eingänge mit welcher Diskrepanzzeit & Diskrepanzverhalten?
- Feedback für Ausgänge nötig? Welche Feedbackzeit?
- zusätzliche Diagnose nötig (z.B. Prozessüberwachung)
 
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warum brauch ich dann PerformanceLevel bzw Reaktionszeite? Ich stoppe die komplette Anlage sofort, das ist alles.
ganz einfach ausgedrückt, weil der Performance Level den "Sicherheitsgrad" beschreibt, wie "sicher" du abschalten musst. hohe Gefahr -> niedrige Ausfallwahrscheinlichkeit -> hoher Performance Level
 
Betätigen des Not-Aus die ganze Anlage stoppt (schutzumhausung mit Lichtschranken) warum brauch ich dann PerformanceLevel bzw Reaktionszeite? Ich stoppe die komplette Anlage sofort, das ist alles.

Reaktionszeit: Sofort ist nicht wirklich eine technische Größe.
Deine Sensorik braucht Zeit um einen für Menschen Gefährlichen Zustand zu erkennen (üblicherweise im ms Bereich), die sicherheitsgerichtete Steuerung braucht Zeit um diese Signale zu verarbeiten (gern schon mal 100ms), die Stellglieder brauchen Zeit um zu schalten, und die Mechanik braucht je nach Masse und Bremsleistung auch gern mal eine Sekunde oder mehr um wirklich einen sichern Zustand einzunehmen. Das alles summiert sich zu einer Reaktionszeit. Aus dieser Reaktionszeit, zwei systemabhängigen Faktoren und einer Annäherungeschwindigkeit (sehr stark vereinfacht 2000mm/s für mit der Hand erreichbar und sonst 1600mm/s) ergibt sich ein Mindestabstand zwischen Sicherheitseinrichtung und gefahrbringender Bewegung. Das ist aber zugegebener Masen vorallem (aber nicht nur!) ein Thema des Maschinenbauers.

lieb grüßt
Helmut
 
Der Maschinenbauer hat dies immer mittels eines Sicherheitstechnikers von SICK meine ich abnehmen lassen, demnach erfüllen die Reaktionszeiten wohl die Anforderungen.
 
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Der Maschinenbauer hat dies immer mittels eines Sicherheitstechnikers von SICK meine ich abnehmen lassen, demnach erfüllen die Reaktionszeiten wohl die Anforderungen.

Das ist grundsätzlich positiv wenn dem so ist, aber ob der Sicherheitstechniker von SICK die Möglichkeiten hat die wirkliche Reaktionszeit zu messen, bezweifle ich, da dies in der Regel Eingriffe im F-Prog. erfordert. Ich kenne aber ehrlich gesagt die Messtools nicht die SICK bei solchen Prüfungen einsetzt. Normalerweise hat hier der Inbetriebnehmer die Reaktionszeit zu messen, was in etwa so abläuft dass man während der gefahrbringenden Bewegung die Lichtschranke unterbricht und ab diesem Zeitpunkt an den Nachlaufweg und die Nachlaufzeit bis zum Stop bestimmt. Daraus ergibt sich wiederum der Sicherheitsabstand bzw. die Reaktionszeit. Das muss mehrfach wiederholt werden. Es kommen dabei teilweise viel größere Abstände heraus als man eigentlich gedacht hat. Ein Maschinenbauer kann dies in der Regel aber nicht messen, auch wenn er für den Abstand verantwortlich ist.
 
Die Sick-Techniker beurteilen, ob das Lichtgitter für den Aufbau geeignet ist und messen (falls beauftragt) den Nachlauf der Aktorik, die durch das Lichtgitter abgesichert wird (Roboter, Antriebe usw.).

Aber trotzdem kannst du in der Software fehler machen, die bei einer Nachlaufzeitmessung nicht auffallen würden. Z.B.:

Du hast einen 2-Kanaligen Eingang mit Dikrepanzüberwachung. Im F-Programm lässt du die Standard-Einstellung fürs Diskrepanzverhalten drin "Letztgültigen Wert bereitstellen". Die Diskrepanzzeit lässt du auf 500ms stehen. Bei einem Defekt des Lichtgitters (ein Kanal schaltet bei Unterbrechung nicht ab - hatte ich schon mal) läuft die Diskrepanzzeit und du hast trotzdem ein IO-Signal. D.h. deine reaktionszeit erhöht sich um 500ms. Bei 2000mm/s ist das 1m, der möglicherweise nicht eingeplant war... und das ist eindeutig ein Fehler des Programmierers.

Generell kann sich niemand, der an Sicherheit rumspielt der Verantwortung entziehen.
 
Hallo,
kann das letzte Post nicht ganz nachvollziehen.
Ein 0-Signal von einem der beiden Ausgänge einer AOPD muss immer zu einem schnellst möglichen 0-Signal in der SRASW führen.
Dazu stellt doch Siemens den unten aufgeführten Parameter bereit:
Auszug Siemensanleitung:
"0-Wert bereitstellen"
Der Wert "0" wird dem Sicherheitsprogramm in der F-CPU zur Verfügung gestellt, sobald
eine Diskrepanz zwischen den Signalen der beiden betroffenen Eingangskanäle festgestellt
wird.
Wenn Sie "0-Wert bereitstellen" parametriert haben, wird die Geber-Aktor-Reaktionszeit
durch die Diskrepanzzeit nicht beeinflusst.
Das hat also bei richtiger Parametrisierung nichts mit der Reaktionszeit zu tun.
Siehe auch hier:
Siemens.jpg
 
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Wenn Sie "0-Wert bereitstellen" parametriert haben, wird die Geber-Aktor-Reaktionszeit
durch die Diskrepanzzeit nicht beeinflusst.

Richtig. Dies war ein Beispiel für einen augenscheinlich kleinen Fehler, der aber immer wieder gern gemacht wird. Die Einstellung "letztgültigen Wert bereitstellen" ist die Standard-Einstellung bei Siemens und wenn der Programmierer nicht drüber nachdenkt...
 
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