PL e durch den neuen Parameter P aufgrund der Konkretisierung in ISO 13849-1:2023

Benutzer1907

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Hallo zusammen,

Wir haben eine Anwendung, bei der wir vor der Revision der ISO 13849 beim Performance Level d aus dem Risikographen herauskamen. Jetzt kommen wir durch die Angabe des Parameters P zum Performance Level e. Das bedeutet nun eine Umstellung. Vor allem für den pneumatischen Teil. Wir konnten den Fehlerausschluss eines Komponentenherstellers nutzen und einkanalige Antriebe ohne Diagnose ansteuern.

Meine Frage ist, ob die ISO 13849 uns erlaubt, die bestehende Annahme für Anwendungen, bei denen es über mehrere Jahre keine Vorfälle gab, weiter zu verwenden. Die Umstellung auf PLe ist ein Problem. Da der Fehlerausschluss allein nicht ausreicht für Ple.
 
Guten Morgen,

bitte auf die Formulierung in der ISO 13849-1 achten:

"Der PL e darf nicht allein auf Fehlerausschluss beruhen."

Das "allein" gilt für alle Fehlerausschlüsse, die die wesentlichen Merkmale der Kategorie 4 so reduzieren, dass deren Ausfall zu einem vollständigen Versagen der Sicherheitsfunktion mit einem Fehler führt, z.B. wenn durch einen Fehlerausschluss die eigentliche erforderlichen zwei Kanäle auf einen Kanal reduziert werden.

Leider ist die umzusetzende Sicherheitsfunktion und Anwendung nicht beschrieben, so dass ich einige Annahmen treffen muss.
Ich nehme an, dass es sich um eine Greif- oder Spannfunktion handelt, bei der mit einem bistabilen Arbeitsventil Q2 die letzte Position gehalten werden soll. Hier wird der Fehlerausschluss "selbsttätige Veränderung der Ausgangsschaltstellung ohne Eingangssignal" für das Arbeitsventil Q2 verwendet. Dies bedeutet, dass die Hauptstufe des bistabilen Ventils sich nicht mehr aus seiner aktuellen Stellung herausbewegt, wenn die pneumatischen Steuersignale der Vorsteuerventile nicht mehr anliegen. Üblicherweise wird die Schaltung an der Hauptstufe einkanalig, da nur das bistabile Ventil Q2 und die Steuerluftversorgung mit K1 abgeschaltet wird (Arbeitsdruck liegt weiterhin am Antrieb an, Q1 bleibt eingeschaltet). Damit ist nur Kategorie 3 mit PL d möglich.
Wird das bistabile Ventil Q2 und der Arbeitsdruck mit Q1 abgeschaltet, ist Kategorie 3 mit PL e möglich, da hier dann der Fehlerausschluss nicht erforderlich ist.

Mit freundlichen Grüßen

Jürgen

PS ohne Diagnose ist das allerdings nicht zulässig...





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Danke Jürgen, das war sehr hilfreich und deine Annahmen sind richtig.

Die ISO 13849-1:2015 hat den Anwender mehr "Spielraum" gelassen. Tabelle A.1 - Bestimmung des Parameters P auf der Grundlage von fünf Faktoren macht aus Plr d nun Plr e. Dann wird hinzugefügt: "PL e darf nicht allein auf Fehlerausschluss beruhen". Unsere Anwendung ist so, seit die bekannten Hersteller den Fehlerausschluss für bistabile Ventile eingeführt haben. Bislang gab es keine Zwischenfälle. Die ISO 13849-1:2023 schreibt im informativen Anhang A (A2 Auswahl des erforderlichen Performance Levels (PLr)) folgendes:

"In Fällen, in denen die Eintrittswahrscheinlichkeit als gering beurteilt werden kann (diese Entscheidung sollte begründet und dokumentiert werden), ist eine Herabstufung um einen Performance Level möglich, andernfalls beträgt die Eintrittswahrscheinlichkeit 100 %. Andere geeignete Verfahren zur Risikoeinschätzung für bestimmte Arten von Maschinen können angewendet werden und Erfahrungen im erfolgreichen Umgang mit ähnlichen Maschinen/Gefährdungen sollten bei der Abschätzung des PLr berücksichtigt werden."

Wie gesagt, es gab keine Vorfälle. Darauf basierend sollte doch eine Herabstufung möglich sein.
 
Guten Morgen,

die ISO 13849-1 enthält kein direktes Bewertungsschema für die Eintrittswahrscheinlichkeit von Gefährdungen. Durch die Spalten der Tabelle A.1 ist die Eintrittswahrscheinlichkeit berücksichtigt, jedoch nicht direkt angegeben.

Ist die Verwendung der Eintrittswahrscheinlichkeit gewünscht, verwende ich das Bewertungsschema nach (EU) 2019/417 RAPEX. Den Spalten der Tabelle A.1, ISO 13849-1 werden beispielsweise durch ein Expertengremium die Eintrittswahrscheinlichkeiten 1/25, 1/50, 1/100 zugewiesen und nach RAPEX bewertet. Das wäre eine mögliche Vorgehensweise, die allerdings nicht konform zur ISO 13849-1 wäre.

Die Herausforderung dabei ist auch, die menschliche Zuverlässigkeit zu bewerten. Eine erste Übersicht über wissenschaftliche Untersuchungen kann das Buch "Risikofaktor Mensch? Zuverlässiges handeln gestalten", Beuth Verlag, ISBN 978-3-410-29548-8, bieten.

Der Nachweis, dass bisher keine Vorfälle gab, können nur große Konzerne mit Datenbanken ihrer Arbeitsunfälle und Betriebsdauern ihrer Produktionsanlagen schlüssig nachweisen (oder die Berufsgenossenschaften, nur sind von denen keine detaillierten Informationen verfügbar).

Eine Herabstufung von PL e auf PL d kann mit diesen Bewertungen begründet werden. Das müssen allerdings die Entscheidungsträger über die Konformität der betroffenen Maschine bewerten.

Schönes Wochenende

Jürgen
 
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