sicheres Abschalten
Hallo Jora,
sorry für meine späte Antwort. Ich war auf einem Einsatz und muß ab Montag wieder raus.
Prinzipiell ist das Abschalten eines Antriebs über die Impulssperre (Freigabe) nicht "sicher" im Sinne der Berufsgenossenschaft (BG). Nur ein "sicher" geöffneter Kontakt im Motorstromkreis ist "sicher".
Nun ist es eine Binsenweisheit, dass simples Öffnen des Motorstromkreises nicht immer zum Ziel führt, denn der Motor dreht ja unkontrolliert weiter. Für solche Fälle sind sog. Stopkathegorien eingerichtet worden.
Bei Stopkathegorie 1 wird bei Eintritt der Gefährdung der Motor kontrolliert herunter gefahren - so wie Du es planst - . Parallel dazu wird ein "sicheres" abfallverzögertes Zeitrelais gestartet, dessen Kontakte nach einer einstellbaren Zeit die beiden (!) hintereinandergeschalteten Schütze im Motorstromkreis öffnen. Die Schütze öffnen also erst wenn der Motor bereits steht und ggf. durch eine Haltebremse gesichert ist. Als Zeitrelais setze bitte ein Relais ein, das für Stopkathegorie 1
zertifiziert wurde.
Erst wenn die Gefährdung vorüber ist und ein real vorhandener Bediener eine
Quittungstaste betätigt hat, können die beiden Schütze wieder schließen. Anschließend fährt die SPS den Antrieb wieder hoch.
Bitte achte auf die Quittierung. Automatischer Anlauf nach Ende der Gefährdung ist auf alle Fälle zu vermeiden.
Das gilt insbesondere auch für den NOT AUS. Die Anlage sollte keinesfalls wieder automatisch anlaufen, wenn der Pilz des Not-Aus Tasters entriegelt wird. Der Not Aus Taster ist KEIN Bedienorgan für eine Anlage!
Der Not-Aus Taster sollte so konzipiert sein, dass er wirklich nur in Notfällen betätigt wird. Dann ist auch eine etwas umständlichere Wiedereinschaltprozedur zumutbar.
Wenn Du noch in der Konzeptphase bist:
mit wenigen Ausnahmen (z.B. Load /Unload) sollte das Ansprechen der Sicherheitseinrichtung nicht Teil des normalen Maschinenzyklus sein. "Sichere" Schaltorgane haben oft eine reduzierte Lebenszeit und sind obendrein aus steuerungstechnischer Sicht furchtbar langsam.
Viel Ungutes geschieht bei der Wartung von Sicherheitseinrichtungen. Sicherheitseinrichtungen sterben zumeist mitten während der Produktion. Dann ist "Feuer auf dem Dach" und die Improvisierer haben ihre große Stunde. Für den weiteren Betrieb gilt dann die Regel: nichts hält länger als ein Improvisorium!
Eigentlich bist Du in solchen Fällen eines unqualifizierten Eingriffs juristisch aus dem Schneider. Jedoch sollte im Interesse von "deutscher Wertarbeit" über eine Motivation des unbekannten Betriebselektrikers nachgedacht werden:
- leicht zugängliche Installation im Schaltschrank,
- etwas Platz rings um das Sicherheitsgerät für Improvisationen (manche Sicherheitsrelais kann man vorübergehend mit zwei Schützen ersetzen)
- Kennzeichnung der Aderenden
- Schraubanschlüsse statt Federklemmkontakte
- wiederbeschaffbare Sicherheitsgeräte
Übrigens: das Bereitstellen eines Sparepartkits bringt nur bei äußerst disziplinierten Betreibern etwas. Ansonsten sind die Geräte gerne für andere unbekannte Maschinen "ausgeliehen" worden wenn sie gebraucht werden.
Hoffentlich ist einiges Brauchbares in meinen Tipps. Gutes Gelingen,
BFlat