Ich geb jetzt auch noch meinen Senf dazu. Ich sehe auch immer wieder, dass das Wissen über Schirmung teils unterirdisch ist. Es wird einfach nirgends komplett gelehrt.
1. Wenn ein Schirm vorhanden ist, dann ist der auch anzuschließen. Mindestens einseitig.
Schließt man einen Schirm gar nicht an, bilden sich darauf statische Spannung, die zu einem elektrischen Schlag führen können.
(Ist mir schon öfter passiert, da irgendwelche Doofis ein Kabel mit Schrim verlegt haben, obwohl ohne gezichnet. Dann einfach ein LICY verwendet und Schrim abgezwickt.)
2. Grundsätzlich werden Schirme immer 2 seitig aufgelegt. Egal ob Signal oder Motorkabel.
Ausnahme: Bei EX-Schaltkreisen eigensichere Stromkreise. Hier muss sichergestellt werden, dass es keine Ströme über 20mA gibt, die zündfähig wären. Das kann man bis zu einer gewissen Länge machen. Fragt mich aber jetzt nicht genau wie lang. EX eigensichere Leitung haben ehe eine Längenbegrenzung wegen der Kapazität. Die Kapazität der Leituung darf keine Zündfähigen Leistungen speichern können.
3. Motorkabel Schirmen. Das ist eine Wissenschaft für sich.
a) Alte Umrichter bis Anfang der 2000er Jahre können leichter ohne Schirme betrieben werden als aktuelle Umrichter.
Grund: Neue Umrichter schalten immer schärfere Flanken (kurze Anstiegszeiten), da dies die Verlustleistung in der Leistungselektronik verringert und so kleiner gebaut werden kann. Kurze scharfe Flanken enthalten mehr Energie in den hohen Frequenzen als leicht verschliffene Flanken.
Beim Austausch von alten Umrichtern der 90er Jahre kann es also vorkommen, dass mit neuen Umrichtern plötzlich die ganze Anlage spinnt. (Ist mir mehrmals passiert). Der ursprüngliche Grund dafür ist aber eine nicht korrekte Installation der Schirme oder komplett fehlende Schirme)
Auch zwischengeklemmte Schirme sind da ein Problem, wenn die Schirme dann dazwischen mit Erde verbunden sind. Die Fehlerströme verteilen sich dann über den PE, was zu unglaublichen Phänomen führen kann. (Dann Schirme ohne direkten Erdkontakt zwischenklemmen)
b) Bei neu gefertigten Anlagen Motorkabel immer beidseitig schirmen und Schirm direkt am oder beim Umrichter Auflegen. Dazu gibt es mittlerweile für alle Umrichter entsprechende Klemmstellen oder Schirmbleche.
c) bei kurzen Motorkabeln (ich sag jetz mal bis 5m) könnte man den Schirm evtl. nur einseitig auflegen.
d) Warum Motorschirme teils nur einseitig aufgelegt werden
Das liegt daran, dass es Probleme mit Störströmen geben kann, die sich dann über den Maschinenrahmen ausbreiten und zu Störungen führen. (vagabundisierende Ströme).
Ich hab gesehen, dass das einige Firmen so machen (Hauptsache aus Italien). Deren Grundproblem ist aber meist, dass ein extra Potentialausgleich des Maschinenrahmens fehlt. Dieser sollte mit mindestens zwei 16qmm Kabeln über Eck mit dem Schaltschrank verbunden sein, so dass die Störströme der Schirme, die auf der Motorseite über das Gehäuse abfließen aufgefangen werden und direkt zur Quelle (also FU) zurücktransportiert werden.
Weiterhin kann es sein, dass sich diese Fehlerströme weiter über die Halle bzw. das komplette PE System der Firma ausbreiten. Das passiert genau dann, wenn es keine PE Rückkabel vom Maschienrahmen zum Schaltschrank gibt und der Maschinenrahmen noch irgendwie eine Verbindung zum PE der Halle hat. Deswegen muss auch alles am Haupt-PE angeschlossen werden und die Maschenweite der Hallenerdung darf nicht größer als 20m sein. Ist das alles i.O. gibt es diese Probleme nicht.
4) Schirme von Signalleitungen wie 4..20mA
a) 4..20mA ist stromgetrieben und daher weniger empfindlich gegen Störungen. Sofern die Signalleitungen entsprechend weit von Motor und Lastkabeln entfernt liegen oder diese selbst gut geschirmt sind, kann man bei 4..20mA theoretisch auf den Schirm verzichten. Ich würde das nicht machen, da es bei später auftretetenden Schirmungsfehlern oder Änderungen (z.B. wenn die 100kW Heizung nach Jahren plötzlich auf Thyrocontroller umgerüstet wird und das Heizungskabel nicht geschirmt wird und es zufällig über viele Meter direkt neben der 4..20mA Leitung verläuft. Ja dann hat man die Störung nicht auf der Heizung sondern auf dem 4..20mA Signal)
b) 4..20mA Signalkabel werden aus folgdnen Gründen oft nicht geschirmt oder nur erinseitig.
Grund dafür ist wieder das Potentialausgleichsproblem. Hat man keinen guten Potentialausgleich, so könnnen über doppelt geschirmte Signalleistungen die Ausgleichsströnme von irgendwoher schön abfließen. Man hat dann teilweise Ströme im Ampere-Bereich auf den Signal-Schirmen. Legt man den Schirm nur einseitig auf, sind diese PE-Ausgleichsströme auf den Schirmen weg.
c) einseitig aufelgegte Schirem verlieren an Schirmwirkung: je höher die Störfrequenz desto geringer die Schirmwirkung.
Ich kann mittlerweile so gut wie sicher sagen, dass alle, die Schirme bei neuen Anlagen nur einseitig auflegen(auflegen müssen), ihren Potentialausgleich nicht im Griff haben.
Korrekt:
- Schirme immer beidseitig auflegen ausser bei EX eigensicherer Stromkreis
- Potentialausgleich korrekt ausführen
Und nochmal: gibt es ein Problem mit beidseitig aufgelegten Schirmen liegt der Fehler im Potenialausgleich und nicht beim beidseitigigen Schirmanschluss. Ein einseitiger Schirmanschluss ist nur um die Auswirkung von Potentialausgleichsfehlern zu kaschieren.