Hallo zusammen,
jetzt haben wir ein langes Pfingstwochenende und mir gehen einige Fragen nicht aus dem Kopf.
Vielleicht könntet Ihr mir weiterhelfen?
Als Neuling für Risikobeurteilungen möchte gerne über die zwei Schließer eines Drucktasters (Rafi Rama 22) zweikanalig auf die Sicherheits-SPS gehen um einen sicheren Fahrbefehl in PL_d zu generieren.
Wenn ich die Konstellation in SISTEMA eintrage, wird ein PL_d erreicht.
Nun verwirrt mich der IFA Report zu der DIN EN ISO 13849 auf Seite 263 bei "D.2.5.6 Drucktaster". Dort heisst es:
"Für höhere Risiken (PL c oder d) sind Befehlsgeräte nur nach DIN EN 60947-5-1 nicht ausreichend, da diese wegen des möglichen Öffnungsversagens nur Kategorie B entsprechen. Hier können alternativ „sichere“ Drucktaster, beispielsweise zwei- stufige Zustimmungstaster nach GS-ET-22, verwendet werden."
Habe ich etwas übersehen? Wäre der verwendete Drucktaster überhaupt hiervon betroffen?
Der B10 Wert liegt bei 650.000 Zyklen.
An jeder Bedienstete ist ein NOT-Halt angebracht welcher die gefahrbringende Bewegung zusätzlich stoppen könnte.
Vielen Dank für Eure Zeit.
Moin Basti,
ja das Thema mit den Schließerkontakten ist speziell und kann einiges an Zeit kosten. Das verwirrende ist, dass es so viele Anlagen gibt, bei denen gefährliche Aktionen nur mit Drucktaster realisiert sind. Das liegt aber schlicht daran, dass viele Masch. Bauer einfach keine Ahnung haben was das Thema Sicherheit angeht. Also
ich orientiere mich nicht mehr unbedingt daran, was andere mit ihren Maschinen machen.
Nun aber zum Thema:
Ein PLr von d ist schon mal ne Hausnummer. PLd kann man schon mal nicht allein mit bewährten Bauteilen erreichen. Das geht nur bis maximal PLc.
Eine einkanalige Struktur rein mit bewährten Bauteilen ist also raus. Und selbst wenn du nur PLc erreichen müsstest, ein Schließer-Kontakt ist eben nie ein bewährtes Bauteil. Warum? Nun das liegt in der Natur der Sache bzw. in der Physik der Sache. Ein Öffner Kontakt (i.d.R. Zwangsöffnend) wird mit der menschlichen Kraft auf jeden Fall geöffnet. (Hier legt die Norm fest, wie diese Kontakte zu realisieren sind. Also Aufbau und Kraftaufwand zum Öffnen etc. EN60947-5-1). Der sichere Zustand ist die unterbrochene Energiezufuhr und diesen Zustand bekommt man beim Öffner immer hin. Der Schließer ist komplett anders aufgebaut. Der sichere Zustand ist eben auch wieder der geöffnete Kontakt, allerdings wird diese Öffnung des Kontakts mit einer Feder hergestellt, auf die man sich verlassen muss. Verklebt der Kontakt, dann reicht die Federkraft ev. nicht mehr aus und das Ding bleibt hängen.
Etwas verwirrend sind die Aussagen zu Drucktastern im IFA Report schon. Auch in den Anhängen der Norm könnte man versucht sein zu glauben, man kann einen Fehlerausschluss für das "nicht-Öffnen" von Kontakten zulassen. Es steht nämlich
nicht explizit dabei, dass es sich dabei
immer um Öffner handelt. Wer die 60947-5-1 kenn, der stellt fest, dass in der ges. Norm praktisch immer nur die Öffnerkontakte behandelt werden. Anhang K, auf den in der Norm oder im IFA Report immer gerne verwiesen wird, behandelt ebenfalls nur die Anforderungen an Öffnerkontakte. Wenn man eine Weile darüber nachdenkt, ist das auch nachvollziehbar. Beim Öffner kann ich den sicheren Zustand immer herstellen, beim Schließer muss ich mich auf eine Feder verlassen um den sicheren Zustand zu erreichen und das reicht den Normern eben nicht. Die Diskussion zum Thema bewährte Federn und so spare ich mir an der Stelle mal.
Leider braucht man nun aber den Schließer, wenn man eine Aktion ausführen will. Da du PLd erreichen musst, bleiben dir nur 2 Möglichkeiten
1. 2 Kanalig, wobei
ein Kanal ein Testkanal ist (der bei PLd auf jeden Fall auch abschalten muss)
2. 2 Kanalig, wobei jeder Kanal für sich entsprechend freischaltet und einzelne Fehler erkannt werden.
Ich persönlich gehe wie folgt an das Thema:
Ich frage mich, ob eine Ortsbindung der Hände des Bedieners im Prozess möglich ist. Falls der Bediener nicht unbedingt eine Hand für etwas anderes braucht, verwende ich immer eine 2-hand Bedienung. Hier liegt der Vorteil daran, dass die Hände gar nicht erst in die Nähe einer Gefahr kommen und 2. Dass mir die F-CPU oder ein passendes Modul bereits alle Werkzeuge an die Hand gibt, diese Schaltung korrekt umzusetzen.
Ist aber der Einhand Betrieb notwendig, so würde ich ebenfalls einen Taster mit 2 Kontakten verwenden, dann aber mit einem Öffner und weiterer indirekter Überwachung, um einen Fehler mitzubekommen. Beachte: Die Ansteuerung selbst (zB. Sollwert) für die Gefahrbringende Bewegung und die Überwachung dürften nicht aus einer normalen CPU kommen. Wenn du die F-CPU nimmst, dann sind diese beiden Aufgaben sauber getrennt.
Ich denke du kannst auf bei PLd deine Anforderungen erreichen, wenn
1. Der Bediener den eigentlichen Gefahrenbereich im Prozess und anderen Betriebsarten (Wartung etc.) nie erreichen muss.
2. Du die Sicherheitsfunktion Tippbetrieb (Also nur Fahren wenn gewollt und mit Rückstellung beim Loslassen) umsetzt
3. Keine 2. Bedienstelle
4. Vollen Einblick in die Gefahrenstelle.
Neben der 2-Hand Schaltung gibt es oft die Verwendung von 3-stufigen Schaltelementen. Hier ist am Ende aber auch nur der Schließer zum Fahren und beim Durchdrücken ein Öffner Kontakt drin. (zB. Fußschalter). In meinen Augen ist in deiner Anwendung der normale Taster in Umsetzung von Kat. 2 oder 3 durchaus machbar. Einen Not-Halt solltest du in der Nähe haben. (ggf. noch prüfen, ob es spezielle Anforderungen einer Klasse C Norm gibt)