Die thematischen Sachen wurden hier ja schon prinzipiell richtig erklärt. Es gibt hierzu keine grundlegenden Festlegungen, aber doch einige Werte, die immer wieder auftauchen (150N, 50N/mm², ...).
Was ich hier nochmal aufgreifen will ist die Gültigkeit solcher Standards/Reports.
Wenn ich es richtig im Kopf habe findet man die identischen Werte aus Tabelle 2 auch in der DIN EN 415-10 wieder.
Das ist richtig,
EN 415-10:2014, Anhang B
Nun ist
EN 415-10 eine C-Norm für Verpackungsmaschinen, es wäre also dringend anzuraten (bei zutreffendem Anwendungsbereich), die dortigen Festlegungen entsprechend zu beachten. Ich kann argumentativ (bei Abwesenheit einer anderen C-Norm, die was eigenes festlegt) auch hergehen und den Anhang B für meine eigene Anwendung verwenden.
Die Frage, die man sich vielleicht stellt, wie sieht das bei
ISO/TS 15066 aus? In der Praxis ist es so, dass eine "zum Zeitpunkt der Veröffentlichung von der Mehrheit der Fachleute als zutreffend erachtete Beschreibung" als Stand der Technik angesehen wird. Nun wird so ein technischer Standard (oder auch
Technische
Reports, siehe auch
ISO/TR 24119 zur Reihenschaltung von mechanischen Türschaltern) von einem Kommittee erarbeitet. Im Falle von
ISO/TS 15066 ist das übrigens
ISO/TC 299, Robots and robotic devices. Nachdem dort die relevanten Roboterhersteller sowie auch Vertreter der BGs, IFA usw. zugegen sind, kann man mit Veröffentlichung von der Mehrheitsannahme ausgehen. Wozu führt das nun?
- Ich habe eine neue Anwendung eines MRKs/Cobots: Mir wäre dringend anzuraten, ISO/TS 15066 mit zu beachten. Hierauf deutet im Übrigen auch hin, dass im Entwurf der Roboter-C-Norm EN ISO 10218-2 folgendes vermerkt ist:
[...]b) Einbeziehung der Anforderungen aus ISO/TS 15066:2016 zur Sicherheit kollaborierender Robotersysteme.[...]
- Ich habe eine Anwendung, die "Cobot-ähnlich" ist. Klingt komisch, aber es mag durchaus Fälle geben, in denen ich keine Roboteranwendung habe (die formell vllt. auch nicht unter die ISO 10218 fällt), aber dennoch eine ähnliche Kooperation zwischen Mensch und Maschine stattfindet: Auch hier würde ich der Regel anraten, ISO/TS 15066 heranzuziehen.
- Ich habe eine beliebige Anwendung, ohne dass eine zutreffende C-Norm abweichende Angaben macht: Natürlich kann ich ISO/TS 15066 heranziehen, warum nicht? Wie immer gilt hier eben das grundlegende Prinzip einer guten und nachvollziehbaren Doku.
Zudem nochmal einige Anmerkungen nebenbei:
- Ich würde bei klassischen Anwendungen nicht empfehlen, den Weg des transienten Kontakts zu gehen (Hand wird durch Roboter verdrängt, also nicht in dem Sinne eingeklemmt). Den Nachweis zu bringen und dabei konkurrenzfähige Preise zu halten, stelle ich mir interessant vor...
- Im Standard wurden die Schmerzgrenzen der (freiwilligen natürlich) Probanden bestimmt. Da den Teilnehmern aber kein "wirklicher" Schmerz zugefügt werden durfte, sollte man das zumindest mal im Hinterkopf behalten.
- Die Europäische Kommission hatte in Ihren Impact Assessment zur kommenden Maschinenverordnung MRKs als eines der Probleme der Maschinenrichtlinie identifiziert ("emerging technologies"). Vor diesem Hintergrund ist es interessant zu sehen, dass MRKs im Entwurf nicht als Hochrisikoprodukt definiert wurden.
- ISO/TS 15066 gilt ausdrücklich nicht für MRK-Anwendungen, die vor Erscheinen des Standards ausgeführt wurden. In dem Fall würde ich im Zweifel weiter die angesprochene Info der DGUV empfehlen.