wesentliche Veränderung von Maschinen

Fluffi

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Ist eine Modernisierung einer alten Anlage, welche schlussendlich den kompletten Neuaufbau und die komplette Neugestaltung der Software, der Hardware und auch der kompletten Sicherheitstechnik beinhaltet, eine "wesentliche Veränderung" oder nicht? Die Funktion der Maschine, also das wofür sie mal gebaut wurde, wird nicht verändert, evtl. aber minimal erweitert.
Wenn man ganz stupide den Entscheidungsdiagrammen folgt, kann man zum Ergebnis kommen, dass dies nicht der Fall wäre, aber mir scheint das irgendwie nicht logisch. Zudem zielen diese Leitfäden meist nur auf die Änderung einzelner Teilkomponenten und nie auf die Neugestaltung ab.
Bezieht sich das "wesentlich" auf das "Wesen" der Anlage oder auf den Grad des Eingriffs? Meiner Meinung nach ist ein solch großer Eingriff dieser Art eine wesentliche Veränderung, denn es werden ja zentrale Komponenten wie die komplette Logik und Sicherheit wird neu konzipiert. Wenn man das Ganze aus der Sicht des Wesens der Anlage betrachtet, ist es das nicht, denn sie tut danach das gleiche wie vorher.
 
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Ist eine Modernisierung einer alten Anlage, welche schlussendlich den kompletten Neuaufbau und die komplette Neugestaltung der Software, der Hardware und auch der kompletten Sicherheitstechnik beinhaltet, eine "wesentliche Veränderung" oder nicht? Die Funktion der Maschine, also das wofür sie mal gebaut wurde, wird nicht verändert, aber minimal erweitert. Wenn man ganz stupide den Entscheidungsdiagrammen folgt kann man zum Ergebnis kommen, dass dies nicht der Fall wäre, aber mir scheint das nicht logisch. Das "Wesen" der Anlage wird zwar nicht verändert, aber ein Eingriff dieser Art ist doch trotzdem wesentlich im Sinne von sehr groß.
Das Entscheidungsdiagramm lässt viel Spielraum.
Wichtig ist, dass du die einzelnen Punkte begründen kannst.
Also Austausch von Steuerung und Sicherheitstechnik und neues SPS-Programm ist in 99,9% keine wesentliche Veränderung.
Wegfall von Einheiten meist auch nicht. Geringe funktionale Änderungen gehen auch.
Wenn du dir nicht sicher bist, dann hol dir einen ext. Fachmann dazu. Wir arbeiten da mit TÜV Süd zusammen.
 
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Das heißt ja schlussendlich man kann ein ganzes Atomkraftwerk in Sachen SW+HW neu aufbauen ohne überhaupt eine wesentliche Veränderung vorgenommen zu haben, solange es nur weiterhin ein Atomkraftwerk bleibt?
 
Das heißt ja schlussendlich man kann ein ganzes Atomkraftwerk in Sachen SW+HW neu aufbauen ohne überhaupt eine wesentliche Veränderung vorgenommen zu haben, solange es nur weiterhin ein Atomkraftwerk bleibt?
Genauso ist es.
In der Regel erhöhst du durch die Modernisierung das Sicherheitsniveau.
In bestimmten Fällen musst du etwas aufpassen. Zum Beispiel kann eine F-Steuerung langsamer sein als die alte Hardware.
Ist dann bei Lichtvorhängen zu beachten.
 
Aber die Betrachtungsweise impliziert ja, dass lediglich Verbesserungen stattfinden und immer das Gute vom Alten bestehen bleibt. Da fällt ja komplett unter den Tisch, dass bei einem kompletten Neuaufbau auch das was vorher in Ordnung war nun fehleranfällig ist oder gar falsch umgesetzt wurde. Man macht im Grunde eine neue Maschine und hat dennoch das Recht sich hinter der Floskel "keine wesentliche Veränderung" zu verstecken, nur weil es irgendwo so definiert wurde, aber aus technischer Sicht ist diese Veränderung doch absolut da.
 
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Grundsätzlich geht man davon aus, dass auch davor eine sichere Anlage vorhanden war.
Deine Änderungen dürfen keine Erhöhung der Gefährdung mit sich bringen.
Also eigentlich kann die Maschine hinter der trennenden Schutzeinrichtung auch komplett anders sein (etwas überspitzt), solange keine zusätzliche Gefährdung einhergeht.
Grundsätzlich ist alles gut zu dokumentieren und es hilft das 4-Augen-Prinzip ungemein, das heißt diese Doku von einem Unabhängigen oder Unbeteiligten gegenchecken zu lassen. Entweder ein geeigneter Kollege im Haus, die interne oder externe FaSi oder direkt externe Dienstleister.

Zusätzlich besteht noch die Pflicht im Unternehmen Gefährdungsbeurteilungen zu erstellen und dabei die Anlagen/Betriebsmittel zu analysieren, zu optimieren und/oder zu substituieren.

Für offensichtliche Fehler muss gehaftet werden ("Vorsatz"). Daher auch Doku und 4-Augen-Prinzip unter geeigneten Personen. Dann fällt Vorsatz eigentlich raus.
 
@Holzmichl
100% ACK

Bei Umbauten, Modernisierung oder Retrofit ist es immer gut VORHER die Anlage in einen sicheren Zustand zubringen.
Ein Austausch der Sicherheitstechnik kann auch aufgrund der Betriebssicherheitsverordung notwendig sein.
Z.B. Wenn die Max. Gebrauchsdauer (20 Jahre) abgelaufen ist oder eine Anpassung an den Stand der Technik notwendig ist. Gründe finden sich da schon ;)
Und natürlich kann man da ganz zufällig schon zukünftige Umbauten im Hinterkopf haben.
Kommt es dann zu diesen Umbauten, dann reichen die (nun) vorhandenen Schutzeinrichtungen, damit du zum „richtigen“ Ergebnis beim Entscheidungsbaum der wesentlichen Veränderungen kommst.

Und wie @Holzmichl auch schon schreibt, ist die Gefährdungsbeurteilung wichtig.
Die Betriebssicherheitsverordung ist während der gesamten Lebensdauer der Anlage bindend.
Für die CE gibt es den Begriff der „logischen“ Sekunde.
 
Moin,

wesentliche Änderungen könnten sein:
- höhere Geschwindigkeiten
- schnellere Beschleunigungen
- stärkere Antriebe
- Konzeptänderungen (Zugang, Arbeitsweise, ...)
- zusätzliche Bewegungsachsen
- höhere Drücke bei Pneumatik/Hydraulik
- Änderungen von Bewegungsrichtungen

keine wesentlichen Änderungen sind:
- Hersteller von Bauteilen ändern (wenn die Sicherheitlevel/Funktionen erhalten bleiben oder übertroffen werden)
- Softwareänderungen
- Änderungen in der Bedienung, wenn keine neue Gefährdung entsteht

VG

MFreiberger
 
wesentliche Änderungen könnten sein:
- höhere Geschwindigkeiten
- schnellere Beschleunigungen
- stärkere Antriebe
- Konzeptänderungen (Zugang, Arbeitsweise, ...)
- zusätzliche Bewegungsachsen
- höhere Drücke bei Pneumatik/Hydraulik
- Änderungen von Bewegungsrichtungen

Betonung auf "können"
Das Entscheidungsdiagramm bietet dann immer noch genügend Möglichkeiten, dass es keine wesentliche Veränderung wird.
 
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Moin,

wesentliche Änderungen könnten sein:
- höhere Geschwindigkeiten
- schnellere Beschleunigungen
- stärkere Antriebe
- Konzeptänderungen (Zugang, Arbeitsweise, ...)
- zusätzliche Bewegungsachsen
- höhere Drücke bei Pneumatik/Hydraulik
- Änderungen von Bewegungsrichtungen
Ich ergänze das nochmal um (auch wieder können, nicht müssen!)
- Änderung des vorgesehenen Bedienpersonals (Maschine für Fachpersonal soll in Behindertenwerkstatt eingesetzt werden)
- Ursprünglich nicht vorgesehene Stoffe sollen nun verarbeitet werden (z.B. statt Metall Kompositwerkstoffe pressen)
- Eine ursprünglich nicht für den ATEX-Bereich vorgesehene Maschine soll nun genau dort eingesetzt werden

Wenn jede Änderung in der Sicherheitstechnik eine potenzielle wesentliche Veränderung darstellen würde, will ja kaum jemand noch umbauen.
Beispiel: Ich stelle fest, dass ein fest angebrachtes Abdeckblech doch häufiger als gedacht genutzt wird (warum auch immer). Dann ist es natürlich besser, hier eine entsprechende sicherheitstechnische Abfrage vorzusehen als gar nichts zu machen. Würde ich jedes Mal die "Gefahr" einer neuen CE-Vergabe haben, passiert wohl eher nix.

Wer mehr wissen will, dem empfehle ich neben dem Interpretationspapier des BMAS auch die "Interpretation des Interpretationspapiers" :ROFLMAO: der BGRCI.

https://www.bgrci.de/fachwissen-por...n-und-interpretationen-zu-maschinen-allgemein
Da gibts zwei PDFs, einmal eine interaktive Arbeitshilfe als PDF und einmal die Erklärungen dazu mit einigen Beispielen.

PS: Basierend darauf habe ich mir vor einigen Jahren mal eine Excel-Datei gebastelt, die das auf einer Seite darstellt (DIN A3 aber).
PPS: In der kommenden Maschinenverordnung wird das zumindest mal aufgenommen. Wie das am Ende in der Praxis aussieht, wird man sehen. Folgendes Zitat stammt aus dem Verhandlungsentwurf aus diesem Jahr.

(16) ‘substantial modification’ means a modification of a machinery or related
product, by physical or digital means after that machinery or related product has been​
placed on the market or put into service, which is not foreseen nor planned by the​
manufacturer, and affects its safety by​
creating a new hazard or by increasing an existing risk which requires:​
(i) additional guards or protective devices, whose processing modifies the existing​
safety control system, or​
(ii) additional protective measures to ensure the stability or mechanical strength of​
the machinery or related product;​
 
Aber die Betrachtungsweise impliziert ja, dass lediglich Verbesserungen stattfinden und immer das Gute vom Alten bestehen bleibt. Da fällt ja komplett unter den Tisch, dass bei einem kompletten Neuaufbau auch das was vorher in Ordnung war nun fehleranfällig ist oder gar falsch umgesetzt wurde. Man macht im Grunde eine neue Maschine und hat dennoch das Recht sich hinter der Floskel "keine wesentliche Veränderung" zu verstecken, nur weil es irgendwo so definiert wurde, aber aus technischer Sicht ist diese Veränderung doch absolut da.
wenn du komplett umbaust, muss ja trotzdem alles funktionieren und sicher sein. es muss halt nicht zwingend ein neues KOnformitätsbewertungsverfahren durchgeführt werden.
 
wenn du komplett umbaust, muss ja trotzdem alles funktionieren und sicher sein. es muss halt nicht zwingend ein neues KOnformitätsbewertungsverfahren durchgeführt werden.
Schaden würds nicht.

Ohnehin muss der Betreiber - unabhängig vom Alter der Anlage - in geeigneten Abständen prüfen (lassen) ob die Anlage dem Stand der Technik entspricht und ggf. nachrüsten (lassen).
Sollte man sich mM vor einem Umbau anschauen was da alles getrieben/unterlassen worden ist.
Pre engineering contract!
 
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Ohnehin muss der Betreiber - unabhängig vom Alter der Anlage - in geeigneten Abständen prüfen (lassen) ob die Anlage dem Stand der Technik entspricht und ggf. nachrüsten (lassen).
Sollte man sich mM vor einem Umbau anschauen was da alles getrieben/unterlassen worden ist.
Pre engineering contract!
Das ist genau die Nummer, mit der man in ganz vielen Fällen die wesentliche Veränderung umschiffen kann.
Vorher die Anlage so sicher machen, dass nachher im Entscheidungsdiagramm die Schutzmaßnahmen ausreichen.
 
Eine wesentliche Änderung wäre es ja nur dann, wenn durch die Änderung neue Gefährdungen entstehen oder die Vermeindbarkeit der vorhandenen Gefährdungen verschlechtert wird. In jedem Fall solltet ihr eine Risikobeurteilung erstellen bzw. erstellen lassen und das Maßnahmendiagramm "wesentliche Änderung von Maschinen" durchgehen. Wird dir Anlage dann Sicherheitstchnisch gemäß der RB aufgerüstet solltet ihr da grün sein.
Gruß Pascal
 
Mich würde das Thema mal rechtlich interessieren. Was passiert denn, wenn Hersteller A eine Anlage baut, in Verkehr bringt mit CE und allem was dazu gehört. Nach 15 Jahren wird die Maschine durch einen anderen Maschinenbauer B derart modernisiert, dass die komplette Steuerung ausgetauscht wird, also eigentlich alles was ein Kabel hat und ggf. auch ein paar mechanische Elemente, die aber die Funktion der Maschine nicht verändern. Streng genommen wäre das keine wesentliche Veränderung, weswegen ja weiterhin die Konformitätsvermutung des 1. Herstellers gilt.
Was ist denn im Falle eines Unfalls. An wen wendet sich der Betreiber bzw. die BG? Treffen sich dann beide Maschinenbauer vor Gericht und es wird ausgelotet, wer hier Schuld hat?
Ich stelle mir das sehr schwierig vor denn wenn der 2. Maschinenbauer zwar alle Sicherheitsfunktionen auf dem gleichen Niveau wie vorher umgesetzt hat aber eine davon vielleicht versagt hat, bleibt die Verantwortung dann trotzdem beim CE Erklärer?
In meinen Augen gibt es nur zwei Möglichkeiten: Hersteller A hat sich von vornerein nicht an gängige Normen gehalten und/oder falsche Annahmen getroffen und Hersteller B ist fein raus, denn er hat ja nur nachgebaut?
Oder muss das Gericht trotz bestehender CE davon ausgehen, dass Hersteller B das Risiko erneut hätte bewerten müssen und nicht einfach nachbauen darf?
Ich vermute mal dass sich Hersteller B nicht einfach in Sicherheit wiegen kann, nur weil die Konformitätserklärung von Hersteller A gilt, oder?
Das macht die Sache mit der Modernisierung/Retro-Fit glaube ich so schwierig. Man weiß nie, auf welch dünnem Eis man sich damit befindet.
Noch ein anderer interessanter Punkt ist doch die Überwachungspflicht der Hersteller. Hersteller A ist verpflichtet, seine Produkte im Markt zu beobachten (so viel zur Theorie). Was ist denn mit den Maschinen, die irgendwann komplett modernisiert wurden was das Kontroll- System angeht?
Hersteller B gilt nicht offiziell als Hersteller, braucht also nicht zu beobachten?! während Hersteller A in den 20 Jahren Laufzeit beobachten muss, wie sich diverse andere Hersteller an seiner ursprünglichen Maschine austoben?
Leider findet man die tatsächliche Sachlage oft erst nach einem schmerzhaften Urteil vor Gericht raus. Hat da zufällig jemand Erfahrung?
In großen Betrieben sitzen oft Anwälte und die in solchen Prozessen involvierten Personen kriegen da oft viel interessantes mit. Jemand unter uns vielleicht?

VG
 
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Meiner Meinung nach spielen hier die Gefährdungsbeurteilungen auch eine wichtige Rolle. Die Änderungen müssen auch richtig dokumentiert werden.
Leider (oder zum Glück) kann man nicht pauschal antworten.
 
Ich hab da zu wenig Erfahrung. Das Thema Retro-Fit ist glaube ich auch wieder ein tiefer Ozean voller Vorgaben, Normen, Erfahrung und Wissen. Würde den Rahmen sprengen.
 
@SPSAlex83

Nachdem eine Maschine in Verkehr gebracht wurde, gilt primär die Betriebssicherheitsverordung und der Betreiber ist in der Pflicht.
Das CE-Zeichen ist für den Betreiber kein Freibrief ... Es muss eine Gefährdungsbeurteilung erstellt werden. Deren Basis kann und darf die CE-Doku sein. Daher ist auch sinnvoll vom Hersteller die RBU einzufordern und in die GB zu integrieren.
Vor einem Umbau ist erstmal zu prüfen, ob die Anlage sicher ist und wie weit sie vom Stand der Technik abweicht.
Eine unsichere / veraltete Maschine im Zuge einer wesentlichen Veränderung umzubauen ist eine schlechte Idee.
Also zuerst die Anlage in einem ersten Schritt wieder sicher machen und danach die wesentliche Veränderung bewerten.
Bekommt Hersteller B den Auftrag für den Umbau, dann wird er nicht automatisch zum Hersteller im Sinne der CE.
Der "CE-Hersteller" wird erstmal der Betreiber. Das gilt auch wenn der Orginal-Hersteller den Umbau macht.
Will man es anders, so muss es vertraglich geregelt werden.

Gruß
Blockmove
 
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